Im badischen Bietigheim, einer Gemeinde mit knapp 7.000 Einwohner, eröffnet in diesen Tagen eine Hausarztpraxis. Der junge Allgemeinmediziner, bisher im Krankenhaus tätig, hat sich bewusst für die Selbständigkeit auf dem Land entschieden. Solche Nachrichten sind erfreulich, doch sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Freie Arztsitze zu besetzen, wird für uns als Kassenärztliche Vereinigung immer schwieriger. In Baden-Württemberg wie auch in vielen anderen Regionen in Deutschland herrscht Ärztemangel, vor allem die hausärztliche Versorgung verschlechtert sich von Jahr zu Jahr.

Dr. Norbert Metke

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Vorsitzender des Vorstands der KV Baden-Württemberg
 

Angestelltenverhältnis bevorzugt

Die Gründe dafür sind vielfältig: Immer mehr Junge bevorzugen ein Angestelltenverhältnis statt eines Unternehmerdaseins mit eigener Praxis. 2010 waren nur sieben Prozent der KVBW-Mitglieder angestellt, 2022 sind es bereits 24 Prozent. Auch der Wunsch nach Teilzeit, nicht nur von Frauen, steht einer Niederlassung meist im Wege. Und die Politik hat viel zu spät und keineswegs in ausreichendem Maß reagiert, als es um neue Studienplätze ging. Auf all diese Faktoren hat die KVBW keinen Einfluss. Die Ausbildung des Nachwuchs liegt in anderer Verantwortung. Die KVen können nur diejenigen in die Niederlassung begleiten, die sich bei uns melden. Wir allein können den Ärztemangel nicht beheben. Wir befinden uns mitten in einem gravierenden Strukturwandel, denn es können nicht mehr alle Arztsitze nachbesetzt werden. Die Hausarztpraxis auf jedem Dorf ist ein Auslaufmodell. In den kommenden Jahren werden immer weniger Ärztinnen und Ärzte einen wachsenden Patientenstrom versorgen müssen - mit allen Folgen, die daraus für die Beteiligten im Gesundheitswesen entstehen. 

Dr. Johannes Fechner

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Stellv. Vorsitzender des Vorstands der KV Baden-Württemberg

Spürbare Entlastungen - weniger Wochenenddienste

Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren unserer zum Jahresende auslaufenden Amtszeit ein Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die ärztliche Versorgung zu stabilisieren. Mit der Reform der Notfalldienste haben wir die niedergelassene Ärzteschaft spürbar entlastet, weil sie weniger Wochenenddienste übernehmen müssen. Wir haben das Beratungs- und Dienstleistungsangebot für unsere Mitglieder kontinuierlich ausgebaut und unterstützen bei Gründung wie auch im täglichen Praxisalltag. Die Eröffnung einer Praxis fördern wir durch finanzielle Unterstützung. In unserem Kommunalservice arbeiten wir eng mit Kommunen zusammen, um gemeinsam Anreize und gute Bedingungen für eine Niederlassung zu schaffen. Auch um die Kranken kümmern wir uns: Mit docdirekt gibt es ein telemedizinisches Angebot, dass alle Menschen in Baden-Württemberg nutzen können.  

Die Herausforderung wird sein, weitere neue Formen der Gesundheitsversorgung zu entwickeln, zum Beispiel mit der Einrichtung von Call-Centern, die reine Videosprechstunden anbieten. Das könnte eines von mehreren Zukunftsmodellen sein. 

Es braucht Zusammenarbeit

Doch unabhängig davon, mit welchen Modellen die ambulante Versorgung künftig sichergestellt wird, gilt: Es braucht die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Gesundheitswesen. In Baden-Württemberg haben wir in den vergangenen Jahren ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu den Kostenträgern aufgebaut. Die Krankenkassen sind ein verlässlicher Partner in der Gesundheitsversorgung. Bei allen Interessensunterschieden arbeiten wir gut zusammen. Das gilt es auch für die Zukunft zu bewahren: Wenn die Verantwortlichen im Gesundheitswesen gemeinsam an einem Strang ziehen, dann werden auch die künftigen Herausforderungen erfolgreich gemeistert.